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Thurgauer Zeitung, 16. Mai 2014
8000
Kilometer in den Beinen
Leo Villiger posiert mit seinem Villiger-Velo vor Schloss
Hub in Fruthwilen. (Bild: Margrith Pfister-Kübler)
Leo Villiger aus Fruthwilen ist mit dem Velo quer durch Südamerika
gefahren. Von São Paulo über die Anden nach Feuerland und nach Buenos Aires.
Jetzt ist der abenteuerlustige Landwirt, Weltenbummler und Junggeselle zurück.
MARGRITH PFISTER-KÜBLER
FRUTHWILEN. Er steht vor Schloss Hub, seinem Wohnort in Fruthwilen: Landwirt
Leo Villiger, 58 Jahre alt, jung und dynamisch aussehend. Stolz holt er sein
Velo aus der Scheune, ein Villiger-Velo, ohne 30 Kilo Gepäck: «Mit diesem Velo
bin ich rund 8000 Kilometer gefahren», sagt er. Spannend sei es gewesen, die
verschiedenen Kulturen in Südamerika zu erleben. Am 18. Dezember ist er in
Kloten ins Flugzeug gestiegen. Das Velo in Einzelteile zerlegt.
Villiger erzählt unaufgeregt und feinsinnig. «Ich bin nicht anspruchsvoll,
bin ledig, war nie verheiratet. Seit dem Tod meiner Mutter 2002 bin ich im
Winter, wenn meine Chriesi- und Beerenkulturen mich nicht brauchen, in
tropischen Ländern unterwegs.» Immer von Ende Dezember bis Anfang Mai reist er
mit dem Velo irgendwo auf der Welt umher. 70 bis 100 Kilometer legt er pro Tag
zurück.
Überfall am Strand
Ausgangsort seiner letzten Reise war São Paulo in Brasilien. Am dortigen
Strand hat er zusätzliche Schutzengel gebraucht: «Ich wurde überfallen, die
wollten mein Velo», sagt er. Villiger hat sein Velo verteidigt und wurde
verletzt. «Ein Badegast hat mich dann ins Spital gebracht, ich wurde behandelt
und musste nicht mal was bezahlen.» Der Katholik ist ein sehr gläubiger
Mensch. Überall besucht er Gottesdienste, auch zu Hause. Täglich um 7 Uhr geht
er in die Messe in Bernrain. «Die christliche Kirche ist ein tragender Pfeiler
in meinem Leben», betont er.
Zusätzlich einen Berg bestiegen
Die Route führte ihn durch Südbrasilien, an die Iguaçu-Fälle, weiter nach
Paraguay und an die argentinische Grenze. Dann rund 2000 Kilometer an die Grenze
zu Chile, wo er den Cerro Aconcagua mit einem Führer bestieg. «Das war eine
echte Herausforderung, 6962 Meter über Meer», sagt der 58-Jährige. «Rund
4000 Dollar hat diese Bergbesteigung gekostet, dazu kam noch der Parkeintritt.»
Zwei Wochen habe er für dieses Abenteuer, das ihn finanziell an den Anschlag
brachte, eingeplant.
Danach ging es weiter: Von Chile bis nach Feuerland und wieder nordwärts. «Am
30. April war ich noch 160 Kilometer südlich von Buenos Aires.» Die Heimreise
war in Sicht. Alles lief perfekt.
Neue Pläne hat er bereits. Russland würde ihn reizen, aber das sei zu kalt
in der Jahreszeit, in der die Landwirtschaft ihn nicht brauche, sagt Villiger.
Im Moment kuriert er seine Hüftschmerzen. «Eine muskuläre Überbeanspruchung.
Zuerst dachte ich, es kommt davon, dass ich letzten Sommer vom Zwetschgenbaum
gefallen bin.» Dabei wird er nachdenklich und erzählt, dass sein Vater Peter
1961 am Sonntagmorgen auf der Velofahrt zum Gottesdienst in Ermatingen
verstorben ist. Er war kopfüber gestürzt.
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