Seniorenwandergruppe Salenstein
Berichte
Wanderung Mammern – Ruine Neuenburg – Fruthwilen
12.
Juni 2020
Nach den kalten Füssen, dem herumstreichen und dem gezwungenen «cool down» wollen Wanderführer Christian Vetsch und Carlo Leuch uns wieder mit einem Fussmarsch auf die Füsse helfen! Das Eingesperrtsein in den eigenen vier Wänden, die von der Regierung empfohlene Isolierung, die vielen Meldungen bezüglich getesteten Menschen, von dem Virus angesteckten und den traurigen Nachrichten der Überlebenschancen lässt uns wieder aufatmen in der freien, ungebundenen Natur. 25 gesunde Wanderer wollen sich mitnehmen lassen von Mammern über die Ruine Neuenburg, Steckborn zur Wirtschaft Jochental.
Zur Ortsnamensgebung wird im Jahre 1124 einem Walter von Mammern zu Schaffhausen eine Lehensverleihung des Abtes von Allerheiligen übertragen. Das Jahr 1150 wird ein zweiter Ulrich von Mammern Inhaber von Gütern erwähnt. Die bedeutendste Burganlage am Untersee, war die Neuenburg, deren malerische Ruine noch heute weit in die Runde grüsst. Erbaut wurde sie von Freiherr von Altenklingen um 1274. Nach unterschiedlichen Besitzern kaufte im Jahre 1621 Johann Walter von Roll aus Altdorf, ein sehr reicher Adlige, die Herrschaft Neuenburg und Mammern. Hier am Untersee baute er das Neue Schloss, erstellte die Kapelle, Scheunen, Stallungen, Vorratsräume und einen Lustgarten. Die von Rolls waren katholisch, Mammern jedoch evangelisch. Ein Zustand der nicht im Einklang mit der Gesinnung der von Rolls war. Mehr oder weniger zwang die Adelsfamilie die Bewohner gegen ihren Willen sich zu konvertieren. Auch die Abgabe des Zehnten blieb bis ins 19. Jahrhundert.
Viel zu schaffen machten den Gemeinden und Herrschaften die herumziehenden Zigeuner, Bettler und armen gebrechlichen Leute. Die Landesordnung von 1572 besagt, dass dieses Gesindel im Thurgau nicht geduldet, sondern des Landes zu verweisen sei. Parallelen zur heutigen Seuche zeigt uns das Beispiel, wie sich im Mittelalter die Bevölkerung abschottete und sich vor der Obrigkeit zu beugen hatte.
Das Neue Schloss der von Rolls ist heute und seit 130 Jahre im Familienbesitz und sie leitet in der 5. Generation die Rehabilitationsklinik Schloss Mammern. Vom Kurhaus zur Klinik, von der Klinik zum Akutspital. Der damalige Leiter und Arzt Dr. Waldemar Ullmann kaufte 1930, die sehr zerfallene Neuenburg und leitete Sanierungsmassnahmen ein.
Von Mammern führt uns der Weg über eine Holzbrücke des Eggmülibaches. Genau dieser Bach erzählt folgende Geschichte: »Unter der Regie von Dr. Ullmann wurde das neue Schloss zu einer Wasserheilanstalt. Unter anderem wurde der Dorfbach gestaut um im Sturz auf die Patienten losgelassen. Allerdings war diese Kneipp Methode in der Anwendung zu hart.»
Was für ein wunderbarer Panoramawanderweg hoch zur Ruine Neuenburg. Der wütende Tornadosturm in der Nacht vom 1. auf den 2. August 2017 zeigt uns auf diesem Weg immer noch die Wucht, mit der die Baumstämme aus der Erde gerissen wurden. Durch diese Baumlücken entstanden Fenster mit Blick auf den Untersee, bis hin zum Schloss Hohenklingen und Stein am Rhein. Auf einer Wiese ruhen Kühe mit Hörnern und Kuhglocken und mögen sich an dem Paradeblick über den See, den azurblauen Himmel und das gegenüberliegende deutsche Ufer sinnlich erholen. Eine noch im Schatten liegende Wiese grüsst uns mit unzähligen soften violetten Blumen. Selbst der Türkenbund, eine Lilie, versteckt sich hier auf diesem Waldweg.
Gestern noch ein Wettertief, heute Sommersonne pur während vor uns auf einer Hügelkuppe die Mauern und Turm der Ruine Neuenburg gegen das tiefblaue Firmament ragt. Einfach grandios, hinreissend, imposant!
«Es klappern die Schuhsolen beim laufenden Auf und Ab, klipp, klapp» unseres Wanderkollegen Scott aus den USA. In Steckborn lässt er die Schuhe mit viel Klebeband ummanteln. Die Wanderung ist zu schön, um aufzugeben, zumal das Mittagessen auf dem Jochental auf uns alle wartet. Auf der Sonnenterrasse lassen wir uns nieder, werden mit lokalen Gaumenfreuden bedient, geniessen die hinreissende, imposante Fernsicht. Über unseren ruhenden von der Ackererde «heiss» gelaufenen Füssen schweben unsere Augen über das planet blaue Wasser des Untersees.
Eine leichte Brise lässt, die viele weissen Segel der Boote von den Wellenwogen neigen. Auch die Weisse-Flotte auf dem Untersee ist nach langer, langer Ruhezeit wieder glücklich unterwegs. In Berlingen staunen wir über ein Riegelhaus, wohl restauriert, mit bemalten Giebeln und Fensterläden aus dem Jahre 1388. Das Wappen und die Türklingel verrät den Namen einer Familie Diezi. Ob das Haus über 630 Jahre im Familienbesitz liegt?
Unter einer Linde und einem Kastanienbaum vom Restaurant Löwen in Mannenbach endet unsere herausragende Seepanoramawanderung. Die Schlösser Wartegg, Sandegg, Glarisegg, Salenstein, Louisenberg, Eugensberg und Arenenberg entbieten uns beim Vorbeimarsch ihren Gruss.
Am Abend in der Fernsehsendung «Mini Schwiiz dini Schwiiz» erleben wir kochend die Löwen-Wirtin Frau Heidi Lutz und der Tatsache in welch schönem «Egg» wir wohnen.
Text: Werner Dierauer, 12.06.2020
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