Seniorenwandergruppe Salenstein
Berichte
Wanderung
Hemmishofen, Oberwald,
Herrentisch, Singen 20.4.2018
Die Wanderungen, welche unser Wanderführer Christian Vetsch aussucht, könnte man mit einem Programm der Entschleunigung gleichsetzen. Unser Alltag ist mit Gedanken über Verpflichtungen, Erledigungen, Erreichbarkeit geprägt. Der tägliche Ablauf wie Rechnungen bezahlen, Wäsche waschen, saugen, aufräumen, Fernsehen und die neuen Medien zu bedienen beschäftigen unsere Gedanken. Auch die Grosskinder wollen wissen, wann die Grosseltern sich zeitlich arrangieren.
Zur Ruhe kommen, den Alltag zu entschleunigen, die Langsamkeit entdecken, zu Fuss gehen und sich dem Rhythmus der heutigen Wandergruppe unterzuordnen verspricht eine Vitalisierung unserer Sinne. Nichts hetzt dich und kein Lärm stört dich beim Wandern in der Natur. So kann der Körper richtig entspannen und zu Ruhe kommen.
Carlo Leuch betreut und führt die zweite Gruppe, die in der Gesamtdistanz einen etwas kürzeren, saumseligen Weg einschlägt.
Vor dem Bahnhof von Stein am Rhein wartet der Bus auf die Wanderer für die 30 Sitzplätze reserviert sind. Neben mir sitzt sich ein Herr mit einer knall gelben Jacke auf der sein Name steht. Ganz erstaunt und fragend blickt er mich an, als ich ihn mit Herr Brändle begrüsse. Er ist mit verantwortlich für den Erhalt der historischen Dampfloks, die auf der Strecke Singen, Stein am Rhein bei Sonderfahrten eingesetzt werden. Das Geschwätze in dem Bus der noch mit Energie geladenen Senioren, ist ohrenbetäubend. Was für eine Wohltat und Stille als wir zu Fuss entlang satten grünen Wiesen wandern. Gelb leuchtet der Löwenzahn, weiss wie Hochzeitssträusse die blühenden Birnbäume und zart begrünt die mächtigen Eichen und Buchen entlang des Weges. Was für ein Farbenkonzert zum tief blauen sonnigen Firmament. Im Wald hören wir das Klopfen des Spechtes, riechen den Holzgeruch der frisch geschlagenen Tannen und beobachten wie der eine oder andere dem jungen Waldbodengrün seine Erleichterung anvertraut.
Auf der Höhe 598 m.ü.M. erreichen wir die Wiesen von Oberwald wo wir geradezu als Grenzgänger zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz uns bewegen. Zwischen „Schwiitzerdütsch und Hochdütsch“. Beim Waldheim, eine stattliche Jugendstielvilla, früher ein Hotel, Kurhaus, Landschulheim heute im Privatbesitz steht das gelbe Zollschild mit dem Schwarzen Adler. Thomas erklärt mir den dortigen alten Grenzstein mit der Nummer 343 datiert 1839. Der Buchstabe Ö auf dem Grenzstein steht für die deutsche Gemeinde Öhningen, auf der Schweizer Seite des Steins steht H für Hemishofen. GB ist natürlich „Großherzogtum Baden“, auf der abgewandten Seite steht CS für „Canton Schaffhausen“ Als „Freigänger“ zieht es uns weder ins eine noch ins andere Land sondern direkt zur Bauernwirtschaft Oberwald wo uns Most vom Fass und Vesper aus eigenem Rauch erwartet. Was für ein Friede. Der plätschernde Hofbrunnen mit der Jahreszahl 1889, der Hofhund der uns alle beschnuppert, die leicht säuselnde Alpenmusik und die wohlige Wärme gibt uns die völlige Entspannung.
Auf zum Tagesziel „Herrentisch“! Der Wanderweg leitet uns durch eine alte Baumallee mit Blick vom Säntis bis zur Jungfrau. Durch die Kombination mit den monotonen und langsamen Bewegungen beim Wandern in der frischen Luft entwickelt sich auch ein interessanter Gedankenaustausch. Gespräche, die man im Alltag nicht führen würde. Neue Sichtweisen werden besprochen oder man entdeckt Seiten, die man so selber noch nicht wahrgenommen hat. So erfahre ich, dass die Bienen und Hummeln von Deutschland und Holland zum Bestäuben der Kirsch- und Apfelblüten importiert werden oder dass beim marmorierten Fleisch der Geschmackträger das Fett ist, so wie bei den Angusrinder hier auf der Weide.
Die interessanten, intensiven und informativen Gespräche enden am hölzernen „Herrentisch“. Ein maximaler Aussichtspunkt hin zur Stadt Singen, zu den Vulkanhügeln und bis weit in den Hegau. Der Alte Grenzstein, wo sich die Herren aus Salenstein am Tisch versammeln trägt die Nummer 678 und das Jahresdatum 1839. Noch 20 Jahre und dann ist er 200 Jahre alt, hat zwei Weltkriege erlebt und weist uns heute den Weg ins Nachbarland.
Weit unten in der flachen Ebene erwartet uns im Rössli das Mittagessen. Noch eine Stunde Fussmarsch bis Singen, entlang der von alten Weiden gesäumten Hegauer Aach. Im Blick und immer näher rückend die mächtige Festung und Burgruine Hohentwiel. Einst württembergische Staatsfestung, die im 30 Jährigen Krieg fünf Belagerungen standgehalten hat. Am Bahnhof Singen werden wir von einem anderen prächtigen Symbol eines Frauenfelder Pionier empfangen. Hoch oben auf einer Fabrikfestung begrüsst uns Gelb auf Rot „MAGGI“
Leistungsfähig und fitter bringt uns auch diese Wanderung auf unserem weiteren „Herrenweg“! Christian lass Dir Dank sagen.
Text: Werner Dierauer, 20.4.18
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