Seniorenwandergruppe Salenstein
Berichte
Wanderung von St. Fiden nach Horn
Erlösende, rettende Anhöhe
auf Schimishus.
Die Espentobelstrasse liegt bei den
Geleisen! Bahnschienen!
Beginn der Wanderung. Vor uns der Galgentobel! Will uns unser
Wanderführer Christian
Vetsch ins Verderben führen? Wartet
auf uns der Hochgerichts-Galgen? Eben
dieses Hinrichtungsinstrument, wo dem Opfer eine Schlinge um den Hals
gelegt und anschliesseend den Boden unter den Füssen entzogen wird.
Und dann die Espeln,
die Zitterpappeln im
Espentobel. Also: Vor uns warten die Geleise,
das Zittern vor dem Galgen und das zu fürchtende
Galgentobeltunnel. Auf meiner Wanderkarte aus 2010 ist keinen
Wanderweg zu diesem letzten Gericht eingezeichnet.
Gehört habe ich, dass Gallus,
welcher im Jahr 612 von Arbon durch dieses Tobel nach St.Gallen
gelangte, um seine Eremitenzelle zu gründen. Also vertrauen wir uns dem
heiligen irischen Wandermönch Gallus an, Gründer des Klosters
St.Gallen, denn auch er wagte dieses Wagnis.
Unser aller Galgen-Humor
zusammenreissend folgen wir Christian und bauen auf seinen Rufnahmen uns
zu führen.
Allen voran Hans unser Fotograf
mit einem Hosen- Gürtel dessen Schnalle das Schweizerkreuz
ziert. Dann folgte Otto, Holz vor der Hütte (brustfrei) mit dem
Schweizer Soldaten Gürtel (kaum zu sehen!) und Kurts rote Hosenträger
verziert mit vielen weissen Schweizer
Edelweissen. Echte währschafte
und wehrhafte Eidgenossen führen diesen Zug an. Verlassen haben wir die
Stadt am Spinnerei Weg und
gleich niederwärts in die Tiefe des
Galgentobels. Schienen in allen Richtungen folgen dem Lauf.
Rauschende Züge lassen uns beim Vorbeibrausen zusammenzucken.
Schleifend quietschende Zugräder durchdringen
Mark und Bein. Donnernd, quiekend wie Krähengekrächz erschreckt
uns ein Doppel-Cargo-Gespann. Aus dem Galgentunnel
auf uns zukommend drei leuchtende dämonische Lichter und schon
verspüren wir den gewaltigen Luftzug, hören das Brausen und Rattern
der Räder und sehen aufatmend wie das Gespenst in den dunkeln Wald
entflieht. Thurbos gleiten wie Phantome an uns vorbei. Im Gänsemarsch
Trepp ab Trepp auf, Kopf einziehend durch eine Unterführung. In all dem
Schienen Wirrwarr stoppt die Kolonne auf einer kleinen Wiesenanhöhe.
Hier stand einst Guidos Elternhaus. Heimat seiner Kindheit.
„Us de ferni hör´t mer´s Elfi-Lüte. Vom Galge verschont
gots steil dure Wald ufe witi Weid mit brune Chue.“
„S´farbig Bänkli uf de Ahöchi vo Schimishus“, welches
einen schönen Blick eröffnet, steht zweifellos am richtigen Ort und lädt
ein zum Entspannen. Weiter geht´s über saftige Mörschwiler Wiesen.
Vorbei an Streuobstfelder mit prall gefüllten, glänzenden beinahe von
Hand polierten roten Äpfeln, dazwischen alte Birnbäume geschmückt im
farbigem Herbstlaub und wo nebst Steueroptimierern auch noch Bauerngehöfte
wirtschaften. Architektenhäuser
fressen sich in die grünen Matten die verraten: „Baue lieber ungewöhnlich!“
Und dann – Ankunft in der Bäckerei
Füger am Kirchplatz in Mörschwil mit dem Leitspruch: „Hand
gemacht, Immer eine Idee frischer“
und die für uns wartenden wohlgedeckten
Tische im Ochsen. Der
Meister dieses Ortes der Genüsse, mit Auszeichnungen geehrt,
Herr Füger serviert uns persönlich die Brotsuppe mit einem
Suppenlöffel aus einem grossen Topf. Das Füger-Brot, für die Suppe
leicht angeröstet, püriert und dazu feinstes Dinkelbrot
mit kröscher Kruste. Ein wahrer Genuss! Das vier Gang Menu endet
mit Konditorei Dessert. Beinahe
wie im Grandhotel, serviert auf dem Servierboy, der uns von Tisch zu
Tisch besucht. Auf der obersten Etage
drapierte Törtchen, Köstlichkeiten, die unsere Sinne total
verwirren. Oh-Wahl-O-Mat
hilf uns! Vorne im Bäckereiladen finde ich die „Züngli“
eine Süssigkeit nach Vaters Rezept. Birebrot ohne Zucker, Glutenfreie
Brote, Mandelfische und alles traditionell hergestellt.
Christian habe Dank für die
spannungsvolle Wanderung und das Kennenlernen dieser Symbiose Bäckerei
Füger und Ochsen. Eine Gastwirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes.
Horn am Bodensee nicht mehr in
allzu weiter Entfernung, brechend volle Apfelbäume neigen zum
„Stibitzen“ und weite Felder geben den Blick auf den See frei. Nur
an einer Stelle erschreckt uns die Zivilisation: Über unseren Köpfen
brummen und poltern dröhnende Autos, die über die Autobahnbrücke
brettern und jagen!
Text: W. Dierauer
13.10.2017
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