Home
Agenda+Aktuelles
FRK Am Untersee
Bildeindrücke
Vom Dorf
Dorfverein
Vereine
Informationen
Kontakt

Laudatio

 

Freundlicherweise stellte Jury-Mitglied Herbert Kammacher
die Laudatio anlässlich der Preisverleihung vom 19.02.2011 
zur Verfügung. Herzlichen Dank

 

Ehrung der Maturaarbeit von Susanne Ilg, 19.2.2011, Kantonsschule Kreuzlingen

 Können Behinderte Theater spielen?

Hören Sie:  „Er trat hinein und ging durch alle Zimmer, bis er in dem letzten die Königstochter fand. Aber wie erschrak er, als er sie erblickte: sie hatte ein aschgraues Gesicht voll Runzeln, trübe Augen und rote Haare. Seid ihr die Königstochter, deren Schönheit alle Welt rühmt? rief er aus. „Ach“ erwiderte sie, das ist meine Gestalt nicht, die Augen der Menschen können mich nur in dieser Hässlichkeit erblicken, aber damit du weisst, wie ich aussehe, so schau in den Spiegel, der lässt sich nicht irre machen, der zeigt dir mein Bild, wie es in Wahrheit ist.“

Hier höre ich mit der Wiedergabe eines Abschnittes aus dem Märchen „die Kristallkugel“ der Gebrüder Grimm. So, wie der Jüngling den Spiegel in die Hand genommen hat, um die Königstochter in voller Schönheit zu erblicken, so hat Susanne Ilg eine grosse Arbeit auf sich genommen, um mehr über die Wahrheit von behinderten Menschen, genauer Jugendlichen, in Erfahrung zu bringen und ihnen ein Mehr dieser Wahrheit, ihrer inneren Schönheit  zu geben. Diese Menschen sollen nicht wie die Königstochter im hintersten Zimmer des Schlosses wohnen, sondern mitten im Leben – aller Menschen.

 

Das Thema der „Integration“ ist in aller Munde. Zuwanderer sollen besser integriert werden, schwache Schülerinnen und Schüler sollen in Regelklassen integriert werden, sozial Schwache sollen am Leben teilhaben können und eben Behinderte aller Art sollen in die Gesellschaft eingebunden sein. Diese Anliegen resultieren wohl aus der Erfahrung, dass es zwischen nebeneinander lebenden Menschengruppen vermehrt zu Auseinandersetzungen, zu sozialem Unfrieden,  kommt, dass die Separation einem gewissen Gerechtigkeits-anspruch nach menschlicher Gleichheit widerspricht.

 

Susanne Ilg hat mit ihrer Maturaarbeit einen Beitrag zu etwas mehr Integration, etwas mehr Gerechtigkeit gegenüber behinderten Menschen geleistet. Der eigentliche Inhalt ihrer Arbeit ist ein Theaterprojekt unter ihrer Leitung, mit geistig und körperlich behinderten Jugendlichen. Sie hat sich die Frage gestellt: Können Behinderte Theater spielen? Eine oberflächlich betrachtet vielleicht triviale, ev. rhetorische Frage. Warum sollten sie das nicht können? Aber, können sie einen Handlungsablauf mitverfolgen? Können sie in eine Rolle schlüpfen? Sich in dieser Rolle in der Handlung positionieren? Sich ausdrücken und verständlich machen? Wie kann das gehen, wenn sie Text nicht auswendig lernen können?

Dies sind nur die ersten wichtigen, grundlegenden Fragen. Im Verlauf der Realisierung ihres Projektes wurde sie mit hunderten solcher und in der Folge konkreterer Fragen konfrontiert.

 

Um es vorweg zu nehmen, die Erfahrungen der Maturandin: „Es ist möglich, ein Theater mit behinderten Schauspielern aufzuführen. Hinzu kommt noch, dass alle Beteiligten stolz auf ihre Leistungen sind. Die Eltern waren begeistert von der Leistung ihrer Kinder. Eine Mutter erzählte, sie hätte sich nie träumen lassen, dass ihre Tochter so etwas könne. Die Meisten waren überrascht, dass es ein wirkliches Theater wurde.“

 

Wie eingangs erwähnt, ist die Theateraufführung nur ein Teil der Maturaarbeit. Susanne Ilg hat sich mit den Theaterformen „Basales Theater“ und „Jeux Dramatiques“ ausein-andergesetzt um eine Antwort darauf zu finden, wie mit den Jugendlichen gearbeitet werden kann. Aufgrund dieses Verständnisses musste sie ein Theaterstück, eine Geschichte finden, eben „die Kristallkugel“. Das ausgewählte Märchen musste in Handlungsanweisungen, Sprache, Symbolik umgesetzt werden. Dann mussten die Rollen sinnvoll verteilt werden und es ging dann um`s Proben, Bereitstellen von Material, Finanzierungdfragen, Anleiten von Helferinnen und Helfern und tausend weiteren Aufgaben. Am 26.6.2010 konnte das Theaterstück vor rund 100 Zuschauern im Festsaal eines Gasthauses, auf einer Bühne, umrahmt mit Musik, erfolgreich aufgeführt werden.

 

Durch ihre aufwändige Maturaarbeit hat Susanne Ilg vielen benachteiligten Menschen grossen Erfolg und damit Freude bereitet und es ist ihr so gelungen, ein Stück Integrationsarbeit  zu leisten. Ganz besonders freut mich persönlich, dass es bei der Gestaltung dieser Maturaarbeit gelungen ist, neben einem sicherlich erlaubten Anteil Eigennutzen, die Arbeitskraft zum Wohle anderer, behinderter Menschen, einzusetzen.

Susanne Ilg lebt damit ein gutes Stück soziale Verantwortung vor. Wir gratulieren ihr ganz herzlich für die sozial engagierte, aufwändige, wirkungsvolle Arbeit.

 

 

Herbert Kammacher, Kreuzlingen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zugriffszähler


© 2023 by Webmaster  |  Impressum